19. Mai 2017 | News | Neue Veröffentlichung

Am Stadtrand lebt man länger

© EzraPortent / photocase.com

Kaum irgendwo auf der Welt leben die Menschen länger als in der Schweiz, nur die Japaner werden im Schnitt noch älter. Doch innerhalb des Landes gibt es Unterschiede in der Lebenserwartung, je nachdem, wo man wohnt. Die Ursachen dafür hat nun MPIDR-Forscher Mathias Lerch in Zusammenarbeit mit Forschern der Universität Genf untersucht.

Nicht überall innerhalb eines Landes ist die Lebenserwartung gleich groß. Lange Zeit war es so, dass die Lebenserwartung in den Städten aufgrund der besseren medizinischen Versorgung höher war als auf dem Land. Doch diese Unterschiede haben sich in dem letzten Jahrhundert nach und nach angeglichen. Seit den 1980er Jahren nahm die Lebenserwartung auf dem Land drastisch zu, besonders stark in den Speckgürteln der Großstädte und zwar so stark, dass die Menschen in diesen periurbanen Regionen heute im Schnitt sogar älter werden als die Menschen in den Städten und auf dem Land, so die Ergebnisse von MPIDR-Forscher Mathias Lerch, die er 2012 in der Schriftenreihe des Schweizerischen Bundesamts für Statistik publizierte. Was er damals noch nicht sagen konnte und nun in einer neuen Studien untersucht hat, sind die Gründe für diese Unterschiede.

Als mögliche Ursachen für diese Unterschiede, die auch in anderen Ländern beobachtet wurden, werden unter Experten zwei mögliche Szenarien diskutiert: Zum einen könnten die schlechteren Umweltbedingungen, also die Luftverschmutzung und Lärmbelastung in den Innenstädten, Ursache dafür sein, dass die Männer dort im Schnitt zwei Jahre und die Frauen im Schnitt ein Jahr früher sterben als in den Speckgürteln der Stadt. Als mögliche Ursache kommen aber auch unterschiedliche Bevölkerungsstrukturen und verschiedene sozioökonomische Umgebungen auf dem Land, in der Innenstadt sowie deren Peripherie in Betracht. Welche der beiden Theorien richtig ist, das war bisher unbekannt.

Welche Ursache für die Schweizer Großstädte zutrifft, das haben Mathias Lerch und Kollegen nun untersucht. In seiner Studie, die demnächst in der Fachzeitschrift Population erscheinen wird, konnte der Demograf nachweisen, dass nicht die Umweltbedingungen, sondern die Bevölkerungsstrukturen ursächlich sind für die unterschiedlichen Lebenserwartungen. Die Bevölkerungsstrukturen haben sich verändert, weil bestimmte Gruppen in der Bevölkerung sich vermehrt für ein Leben am Rande der Großstädte entscheiden. „Es sind vor allem die gebildeteren, vermögenderen Menschen sowie die Familien, die an den Stadtrand ziehen,“ sagt der Wissenschaftler. Und dies sind genau die Bevölkerungsgruppen, von denen man aus anderen Studien weiß, dass sie eine besonders gesunde Lebensweise haben.

„Diese Bevölkerungsgruppen  haben in allen Industrieländern eine höhere Lebenserwartung als der Durchschnitt,“ erklärt Mathias Lerch. Genau umgekehrt verhält es sich mit ärmeren Bevölkerungsgruppen: „Ärmere Menschen haben im Schnitt immer eine geringere Lebenserwartung als wohlhabende,” so der Wissenschaftler. Da deren Anteil in der Bevölkerung in den Städten aufgrund des Wegzuges der Wohlhabenderen steigt, nimmt auch die durchschnittliche Lebenserwartung in den Städten ab.

Mehr Informationen

Periurbanization and the Transformation of the Urban Mortality Gradient in Switzerland,  Population, English edition, Volume 72, Number 1, 2017, pp. 93-122

Im städtischen Speckgürtel lebt man länger, Artikel über Mathias Lerchs Forschung aus der Neuen Züricher Zeitung, 12. Mai 2017

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