22. Juli 2024 | Pressemitteilung

Neue Partnerschaften verbessern Lebenszufriedenheit alleinerziehender Mütter

Alleinerziehende Mütter haben oft eine schlechtere mentale Gesundheit und eine geringere Lebenszufriedenheit aufgrund von erhöhtem Stress, finanzieller Unsicherheit und weniger Unterstützung im Alltag. Eine Studie des Max-Planck-Instituts für demografische Forschung und der Universität Tilburg zeigt, dass neue Partnerschaften die Lebenszufriedenheit von alleinerziehenden Müttern verbessern können, insbesondere durch erhöhte finanzielle Ressourcen. Dabei erhöhen langfristige Partnerschaften die Zufriedenheit der Mütter stärker als häufige Partnerwechsel, und trotz finanzieller Vorteile bringt ein neuer Partner in der Regel keine Entlastung im Haushalt.

Die Lebenszufriedenheit von Single-Müttern wird in einer neuen Partnerschaft deutlich besser. © iStockphoto.com / FreshSplash

Im Idealfall ist eine Familie ein Schutzraum, ein sozialer Verbund und ein Team, das sich gegenseitig unterstützt. Doch was passiert, wenn Kinder nicht im traditionellen Modell mit zwei Elternteilen aufwachsen? Alleinerziehende Mütter gelten als besonders gefährdete Gruppe, wenn es um psychische Gesundheit und Lebenszufriedenheit geht. Bisherige Studien zeigen, dass sie aufgrund von erhöhtem Stress, finanzieller Unsicherheit und kleineren sozialen Netzwerken eine schlechtere mentale Gesundheit aufweisen und auch weniger zufrieden sind als Mütter in Paarfamilien. Forschende des Max-Planck-Instituts für demografische Forschung (MPIDR) und der Universität Tilburg haben in einer aktuellen Studie untersucht, wie es sich auf die Gesundheit und Zufriedenheit von alleinerziehenden Müttern auswirkt, wenn sie eine neue Partnerschaft beginnen.

Phillipp Dierker, Autor der Studie und Doktorand am MPIDR und seine Co-Autor*innen Mine Kühn und Mikko Myrskylä (MPIDR) haben für ihre Studie die Situation alleinerziehender Mütter in Deutschland und Großbritannien gegenübergestellt. „Wir haben Daten aus beiden Ländern verglichen, weil die staatlichen Unterstützungssysteme für Alleinerziehende unterschiedlich sind. Generell sind die Nettokosten für die Betreuung eines Kindes in Großbritannien höher. Alleinerziehende Mütter sind in Deutschland seltener arbeitslos als im Vereinigten Königreich und auch die Armutsquote unter alleinerziehenden Müttern ist im Vereinigten Königreich im betrachteten Zeitraum deutlich höher als in Deutschland. Das heißt aber nicht, dass die Situation alleinerziehender Mütter in Deutschland gut ist“, betont Dierker. Verwendet wurden Daten des Sozio-oekonomischen Panels in Deutschland (SOEP) von 1984 bis 2020 und der British Household Panel Study bzw. der UK Household Longitudinal Study (UKHL) von 1996 bis 2020. Um in der Studie berücksichtigt zu werden, mussten Mutter, Kinder (unter 18 Jahren) und ein neuer Partner in einem Haushalt zusammenleben.

© MPIDR

Mehr Lebenszufriedenheit durch finanzielle Entlastung

„Wir haben auf Grundlage von Längsschnittdaten untersucht, wie sich der Einzug eines neuen Partners in den Haushalt auf die mentale Gesundheit und die Lebenszufriedenheit der Mütter auswirkt. Eine anfängliche Hypothese war, dass das Wohlbefinden der Mütter ansteigt, weil sie wieder mehr Ressourcen haben - sozial, emotional und finanziell. Die gegenteilige Hypothese war, dass mit einem neuen Partner im Haushalt mehr Konflikte entstehen, da er zum Beispiel mit den Kindern nicht zurechtkommt oder eigene Kinder aus vorherigen Partnerschaften mitbringt“, erklärt der Wissenschaftler. Häufig wechselnde Partnerschaften könnten die Mutter ebenfalls belasten.

In Deutschland wurde die Lebenszufriedenheit von Müttern durch eine neue Partnerschaft positiv beeinflusst, was hauptsächlich auf gestiegene einkommensbezogene Faktoren zurückzuführen ist. In Großbritannien war der positive Zusammenhang ebenfalls vorhanden, aber weniger stark ausgeprägt. „Die Daten zeigen, dass vor allem die verbesserte finanzielle Situation und wahrscheinlich damit auch emotionale Unterstützung eine große Rolle für die verbesserte Wahrnehmung der eigenen Situation spielen“, erklärt der Wissenschaftler.

Im Vergleich zwischen alleinerziehenden Müttern, die ihre Partnerschaft lange aufrechterhalten können, und Müttern, die ihren Beziehungsstatus häufig wechseln, schneiden die Mütter in Langzeitbeziehungen in der Lebenszufriedenheit besser ab. Mütter, die innerhalb von fünf Jahren nach Beziehungsbeginn eine Trennung oder einen Partnerwechsel erleben, haben in Deutschland deutlich geringere Einbußen in der Lebenszufriedenheit als im Vereinigten Königreich. „Wir führen das darauf zurück, dass die staatliche Unterstützung für alleinerziehende Mütter in Großbritannien geringer ist bei gleichzeitig höheren Unterhaltskosten für ein Kind. Instable Verfügbarkeiten von Ressourcen könnten daher Mütter in Großbritannien stärker belasten als in Deutschland“, sagt Dierker.

Mit der Wiederaufnahme einer Partnerschaft stehen den Alleinerziehenden in beiden Ländern zwar mehr finanzielle Ressourcen zur Verfügung. „Doch für die Mütter gibt es in der Regel keine Entlastung im Haushalt durch einen neuen Partner – weder in Deutschland noch in Großbritannien. Im Gegenteil verbringen sie noch mehr Zeit mit der Hausarbeit. Die finanziellen Ressourcen und das Gefühl der finanziellen Zufriedenheit sind derzeit die einzigen Faktoren, die substantielle Teile eines Anstiegs der Lebenszufriedenheit nach einer Wiederverpartnerung erklären können“, fasst Dierker zusammen. Dies zeige, wie viel schwieriger die Situation für Alleinerziehende tatsächlich ist und dass sie deutlich mehr institutionelle Unterstützung benötigen, als dies derzeit in beiden Ländern der Fall ist. Es müssen Rahmenbedingungen für die finanzielle Unabhängigkeit von Alleinerziehenden geschaffen werden, wie z.B. eine verlässliche Kinderbetreuung, damit sie erwerbstätig sein können.

Originalpublikation

Philipp Dierker, Mine Kühn, Mikko Myrskylä: Re-partnering and single mothers' mental health and life satisfaction trajectories in Journal of Marriage and Family (2024); DOI: https://doi.org/10.1111/jomf.13015

Kontakt

Philipp Dierker, Wissenschaftler am MPIDR
dierker@demogr.mpg.de

Dr. Mine Kühn, Assistant Professor (University of Tilburg und MPIDR)
M.Kuhn@tilburguniversity.edu

Silvia Leek, Leitung Presse- und Öffentlichkeitsarbeit am MPIDR
leek@demogr.mpg.de
+49 (0)381 20 81 143

Keywords

Zusammenleben; Familiendynamik; Familienpolitik; Wiederverheiratung; Stieffamilien; Wohlbefinden

Das Max-Planck-Institut für demografische Forschung (MPIDR) in Rostock ist eines der international führenden Zentren für Bevölkerungswissenschaft. Es gehört zur Max-Planck-Gesellschaft, einer der weltweit renommiertesten Forschungsgemeinschaften.