01. Mai 2020 | Pressemitteilung

Ähnlicher als gedacht: Männer und Frauen gleichen ihr Gesundheitsverhalten nach Einschnitt an

Erst nach einem Krankenhausaufenhalt wegen der gleichen Erkrankung gehen Frauen und Männer gleich häufig zum Arzt. © iStockphoto.com/KatarzynaBialasiewicz

Zu Beginn einer Krankheit übersehen Männer Symptome zwar eher und gehen seltener zum Hausarzt als Frauen. Nach einer Behandlung im Krankenhaus gleicht sich das Gesundheitsverhalten von Männern und Frauen jedoch an. Das zeigen MPIDR-Forscher*innen erstmals mit der Auswertung von mehr als 65.000 Datensätzen aus dänischen Gesundheitsregistern.

Erst nach einem gravierenden gesundheitlichen Einschnitt, wie etwa einem Krankenhausaufenthalt, gehen auch Männer häufiger zum Hausarzt. Damit gleichen sich Geschlechterunterschiede im Gesundheitsverhalten an. In den knapp drei Jahren bevor dänische Männer wegen eines Hirnschlags, eines Herzinfarkts oder mit Magen-Darm-Krebs ins Krankenhaus kamen, waren im Durchschnitt nur etwa 75 Prozent von ihnen beim Hausarzt. Bei den dänischen Frauen waren es rund 85 Prozent. Nach einem Herzinfarkt jedoch lassen sich 98 Prozent der männlichen Patienten zwischen 60 und 69 Jahren von ihrem Hausarzt weiter betreuen. Damit gleicht sich das Gesundheitsverhalten an, denn 99 Prozent aller Frauen waren nach dem Krankenhausaufenthalt auch weiter in ärztlicher Behandlung.

Das zeigen Andreas Höhn, Jutta Gampe und Anna Oksuzyan vom Max-Planck-Institut für demografische Forschung in Rostock, nachdem sie Daten aus dänischen Gesundheitsregistern ausgewertet haben. Für den Zeitraum von 1996 bis 2011 untersuchten sie über 65.000 anonymisierte Patientendatensätze auf die Anzahl der Hausarztbesuche in den 33 Monaten vor und nach einem Krankenhausaufenthalt zur Behandlung einer der folgenden vier schweren Krankheiten: Hirnschlag, Herzinfarkt, Magen-Darm-Krebs und chronisch obstruktive Lungenerkrankung. Ihre Ergebnisse veröffentlichten sie im Journal of Epidemiology and Community Health.

Die Forscher*innen analysierten Daten aus dänischen Gesundheitsregistern, um herauszufinden, ob Männer und Frauen mit der selben Erkrankung unterschiedlich häufig zum Hausarzt gehen. © MPIDR

„Wir haben zum ersten Mal sehr detailliert und mit einem Datensatz für eine gesamte Bevölkerung untersucht, wie sich Männer und Frauen mit der selben Erkrankung verhalten“, sagt Andreas Höhn, seit kurzem Forscher an der University of Edinburgh. Gleichzeitig erfassten die Forscher*innen auch jene Personen, die keinen Hausarzt aufsuchen – denn genau diese konnten bei ähnlichen Studien in der Vergangenheit oft nicht berücksichtigt werden. „Unsere Analysen deuten darauf hin, dass es auch für manche Frauen nicht leicht ist, mit Symptomen einer schweren Erkrankung zum Hausarzt zu gehen. Bei den Männern ist der Anteil aber meist deutlich höher“, sagt Andreas Höhn.

Es gibt nur eine Ausnahme: das Gesundheitsverhalten von Männern und Frauen bei der chronisch obstruktiven Lungenerkrankung (COPD). Patienten leiden hier schon vor einer Krankenhausbehandlung unter deutlichen Symptomen. Deshalb lassen sie sich ärztlich behandeln, unabhängig vom Geschlecht: 94 Prozent der Männer, die später im Krankenhaus wegen der Lungenkrankheit behandelt werden, waren vorher beim Hausarzt. Bei den Frauen sind es 97 Prozent.

Dass es nach dem Krankenhausaufenthalt trotzdem noch einen kleinen Geschlechterunterschied bei der Anzahl der Hausarztbesuche gibt, erklären die Forscher*innen mit den unterschiedlichen Überlebenschancen von Männern und Frauen. „Selbst wenn Männer und Frauen genau das gleiche Gesundheitsverhalten an den Tag legen, überleben mehr Frauen eine schwere Krankheit“, sagt Andreas Höhn. Sie müssten wegen gesundheitlicher Einschränkungen in Folge der Erkrankung dann aber öfter zum Hausarzt.

Originalpublikation

Höhn A, Gampe J, Lindahl-Jacobsen R, Christensen, K., Oksuzyan, A.: Do men avoid seeking medical advice? A register-based analysis of gender-specific changes in primary healthcare use after first hospitalisation at ages 60+ in Denmark. Journal of Epidemiology and Community Health (2020). DOI: 10.1136/jech-2019-213435

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